Lange vorbei ist die Erntezeit in deutschen Anbaugebieten und viele Rebstöcke bereiten sich auf die Winterruhe vor. Wer genau hinsieht, wird mancherorts dennoch Plätze finden, an denen die reifen Trauben noch nicht gelesen wurden. Die Wahrscheinlichkeit, dass aus ihnen einmal Eiswein entstehen wird, ist hoch. Bis es so weit ist, müssen Winzer jedoch Geduld beweisen und bei frostigen Temperaturen in die Weinberge ziehen. Das Ergebnis eines erfolgreichen Jahrgangs: Süßer Eiswein, wunderbar viskos und eine echte Rarität.
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Die Geschichte des Eisweins in Deutschland
Schon vor mehr als 180 Jahren erlebte der Eiswein in Deutschland seine Geburtsstunde. Erste offizielle Belege zeigen, dass die Gemeinde Dromersheim nahe Bingen im Jahre 1830 erstmals einen solchen Tropfen präsentierte. Ob es sich hierbei tatsächlich um den ersten Eiswein der heutigen Bundesrepublik handelt, ist unklar. So könnte es sein, dass sich fränkische Winzer schon zum Ende des 18. Jahrhunderts mit der Lese und Verarbeitung gefrorener Trauben beschäftigten. Hierfür jedoch gibt es keine konkreten Beweise.
Die Entdeckung des Eisweins in Dromersheim war ein Geschenk des Zufalls. Nach einem mehr als nur dürftigen Jahrgang beließen die Winzer das Lesegut an den Rebstöcken und ernteten es erst im Winter. Die Trauben, die eigentlich an das Vieh verfüttert werden sollten, fielen durch ihren sehr süßen Saft und ein hohes Mostgewicht auf. Diese Erkenntnis sorgte dafür, dass die Trauben doch noch ihrem ursprünglichen Zweck entsprechend verarbeitet wurden.
Heute ist Deutschland bekannt für seinen hochwertigen Eiswein. Auch wenn weitere Länder wie Österreich und Kanada ebenfalls in diesem Bereich tätig sind, bleibt Deutschland das Herz dieser Weinart. Hier gehört der Eiswein zu den sogenannten Prädikatsweinen und entsteht unter sorgfältiger Beobachtung und Kontrolle. Die wohl begehrteste Rebsorte für deutschen Eiswein ist der Riesling, da er dem Wein eine gewisse Eleganz verleiht und sich mit angenehmer Frucht und charakteristischer Frische hervortut. Vor allem in der Pfalz und in Rheinhessen entstehen in entsprechenden Jahrgängen nennenswerte Mengen Eiswein. Im Jahr 2016 wurden in der Pfalz 2.000 Hektoliter Eiswein geprüft – wobei Rheinhessen mit rund 4.000 Hektolitern als größte Eisweinregion Deutschlands gilt. Eines dieser rheinhessischen Weingüter heißt Manz. Der Winzer Eric Manz verzaubert die Genusswelt mit seinem 2016er Spätburgunder Eiswein Blanc de Noir aus der Lage Weinolsheimer Kehr.
Wie Eiswein erzeugt wird
Damit ein Eiswein überhaupt entstehen kann, braucht es kalte Winter. Sinken die Temperaturen zuverlässig unter einen Wert von minus sieben Grad, gefriert das Lesegut. Interessant hierbei: Der Zucker in den Trauben zieht sowohl Säure als auch Feuchtigkeit an und sorgt für ein besonders konzentriertes Aroma. Der intensiven Süße eines Eisweins steht dann bei hochwertigen Tropfen eine lebendige und elegante Säure zur Seite.
Meist beginnt die Lese der gefrorenen Trauben im Januar – wobei sich die Angabe des Jahrgangs auf dem Flaschenetikett stets auf das Vorjahr bezieht. Ein Wein aus im Januar 2017 gelesenen Trauben gelangt also als 2016er Eiswein auf den Markt. Entscheidend für das Gelingen des Weins ist die Ernte durchgefrorener Trauben, weswegen viele Winzer die Lese während der Nachtstunden durchführen. Das harte Lesegut wird anschließend in besonders kraftvolle Pressen gegeben und unter hohem Druck verarbeitet. Die so gewonnenen Most-Mengen liegen deutlich unterhalb des Niveaus nicht gefrorener Trauben, enthalten jedoch eine besonders hohe Konzentration an Aromen, Zucker und Säure.
Entscheidend für einen hochwertigen Eiswein ist die Verwendung ausschließlich gesunder Trauben. Edelfäule ist hier nicht erwünscht, da beeinträchtigtes Lesegut im fertigen Wein einen Essigstich begünstigen kann, der die Vermarktung des Tropfens unmöglich macht. Auch müssen Winzer schon beim Abpressen sehr behutsam vorgehen, um ein Verwässern des Weines zu verhindern und zeitgleich die alkoholische Gärung in Gang setzen zu können.
Dessertweine aus Deutschland
Was Eiswein so besonders macht
Schon der Herstellungsprozess von Eiswein zeigt: Diese Tropfen sind kein Zufallsprodukt und benötigen vom Pressen bis hin zur Vinifikation viel Zuwendung. Hinzu kommt die Tatsache, dass das Wetter, die natürliche Reduktion durch das Gefrieren und auch der Zustand der Trauben am Rebstock für sehr geringe Ausbeuten sorgen. Lediglich fünf bis zehn Prozent der Gesamtmenge an Lesegut werden letztlich für die Eisweinproduktion verwendet. Je nach Jahrgang ist es Winzern teilweise gar nicht möglich, das Lesegut lange genug am Rebstock zu belassen – weswegen Eiswein nicht immer erzeugt werden kann.
Dass Eiswein zu vergleichsweise hohen Preisen auf den Markt gelangt, lässt sich also anhand mehrerer Faktoren erklären. So müssen Winzer nicht nur viel Mühe und Zeit investieren, um einen solchen Tropfen zu erzeugen – auch die letztliche Ausbeute, die deutlich geringer ausfällt als bei anderen Weinsorten, bestimmt den steigenden Preis pro Liter Wein. Aufgrund dieser überschaubaren Mengen gelangt Eiswein nach der Herstellung nicht auf Standardflaschen, sondern wird in den meisten Fällen in kleinere Gebinde gefüllt.
Sein konzentriertes Aromengefüge und sein süßer Charakter machen Eiswein zu einem herausragenden Solisten. Nicht immer ist es notwendig, einem solchen Tropfen Begleiter zur Seite zu stellen. Wer Eiswein dennoch zu einer Mahlzeit genießen möchte, findet in würzigem Blauschimmelkäse, Obstkuchen und Speisen mit Trockenfrüchten passende Optionen.
Dessertweine aus Deutschland
Wein entdeckte sie während ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau für sich. Danach bildete sie sich weiter und arbeitete auf Weingütern in Europa und Übersee. Im stationären Handel kaufte und verkaufte sie viele Jahre Wein, sie moderierte Seminare und beriet Kunden. Die Sommelière liebt Weine, die anregen, gegen den braven Geschmack bürsten und für Gesprächsstoff sorgen.