Gefühlt wird im Sommer mehr Weißwein und im Winter mehr Rotwein getrunken. Charakter, Trinktemperatur und jahresbedingte Speisepläne geben zumindest eine Teilantowrt, warum das so ist.

Rotwein im Winter, Weißwein im Sommer – Warum eigentlich?

Es scheint ein ungeschriebenes Gesetz: Der richtige Zeitpunkt für Weingenuss ist nicht nur abhängig vom Charakter des Tropfens, sondern auch von der Jahreszeit. Weißwein, so gilt es, ist prädestiniert für die warmen Sommermonate, während Rotwein vor allem bei kühleren Außentemperaturen mundet. Bei der Suche nach einer Antwort auf das „Warum“ stößt der Genießer auf gleich mehrere Gründe.

Grund 1: Der Charakter des Weins

Weiss- und Rotwein im Glas

 
Die wesentlichen Charakterzüge von Weißwein und Rotwein unterscheiden sich ganz bewusst voneinander. So steht Weißwein zumeist für fruchtbetonte und lebhafte Tropfen, die eine gewisse Leichtigkeit mit sich bringen. Frisch, lieblich und gelegentlich auch mit einer feinen Mineralik ausgestattet werden diese Tropfen mit dem Sommer in Verbindung gebracht.

Anders der Rotwein: Er schimmert nicht nur deutlich dunkler im Glas, sondern bringt zudem eine tiefgründigere und gerbstoff-betontere Aromatik mit sich. In Rotwein finden sich Nuancen, die an dunkle Frucht, Holz, Gewürze und oftmals auch Karamell oder Bitterschokolade erinnern.

Der Hauptakteur, der Weißwein in den Sommer und Rotwein in den Winter platziert, sind die Tannine. Sie gelangen aus Traubenhäuten und teilweise auch Traubenkernen in den Wein. Da Rotwein im Rahmen der Herstellung meist deutlich länger auf seiner Maische ruht, ist er der tanninhaltigere Genuss. Weißweine hingegen verzichten auf diesen Fokus und konzentrieren sich stattdessen auf ein Spiel aus Säure und bisweilen auch Frucht sowie Zucker.
 

Grund 2: Die Trinktemperatur

Auch die Temperatur, auf der ein Wein genossen werden sollte, beeinflusst die Priorisierung im Hinblick auf den jahreszeitlichen Genuss. So ist Weißwein in aller Regel ein Tropfen, der bei niedrigerer Trinktemperatur getrunken wird. Manch trockener Weißwein mundet bei einer Temperatur von neun bis zwölf Grad Celsius – wohlbemerkt im Glas – am besten. Hier entfaltet sich die Säure ideal. Kühler Frischekick, gepaart mit fruchtigen Noten: Ja, das passt wirklich zum Sommer.

Rotwein allerdings ist nur selten geschaffen für niedrige Trinktemperaturen. Je nach Reifegrad und Charakter brauchen diese Weine Temperaturen jenseits der 15 Grad Celsius. Die höhere Temperatur unterstützt die Entfaltung der Aromatik und macht straffes Tannin zu einem harmonischen und runden Genuss. Das wiederum bringt den Rotwein um sein Potenzial, frisch zu wirken. Wer sich also an die Temperatur-Grundregel hält, wird ihn auch weiterhin lieber im Herbst oder Winter genießen.
 

Grund 3: Die Küche

Rotwein und Weisswein zum Essen

Und wer sich nun noch immer fragt, warum auch die Jahreszeiten den Weingenuss beeinflussen, sollte zusätzlich einen Blick in die Kochtöpfe von Sommer und Winter werfen. Hier nämlich wird schnell klar: In Sachen Zutaten und Würzung unterscheidet sich die klassische Küche ganz ähnlich wie auch die Weinarten.

So ist die kulinarische Seite des Sommers klassischerweise geprägt von frischem Salat, Gemüse, Fisch und hellen Saucen. Auch Pasta, Reis und helles Geflügel kommen hier bevorzugt auf den Tisch. Dass im Sommer außerdem viele Obstsorten Saison haben, lässt auch fruchtige Desserts, Eis und Fruchtsalate auf den Speiseplan gelangen. All diese Gerichte haben eines gemeinsam: Sie lassen sich bevorzugt von einem hellen Wein begleiten. Manchmal darf es auch ein Rosé sein –Rotwein aber ist oft zu dominant und schwer.

Der Wechsel zum kulinarischen Winter dann lässt auch letzte Zweifel verblassen. Hier hat Saison, was zur würzigen und warmen Küche passt. Kohlsorten, dunkles Fleisch, Wildgerichte und gut gewürztes Gemüse werden nun serviert. Auch die winterliche Gewürzwelt unterstreicht das: Zimt, Muskat, Kardamom und Majoran sind nur einige wenige Beispiele hierfür. Gleichzeitig tendiert die Dessert-Vielfalt im Winter eher zu dunkler Schokolade, Spekulatius und Karamell. Ein Rotwein erweist sich hier in jedem Fall als fähiger Begleiter.
 

Trotz allem: Einen Zwang gibt es nicht

 
Die drei genannten Gründe sind in der Tat schlagkräftige Argumente, die das insgeheime Genussgesetz festigen. Doch was wäre die Welt des Weins, wenn der Genießer nicht hin und wieder eine Ausnahme von der Regel wagen würde?

So sind nicht alle Weißweine per se Sommertropfen und können auch im Winter munden. Sie nur im Sommer zu erleben, würde ihrem Potenzial kaum gerecht.

Auch Rotweine können indes unterhaltsame Sommer-Tropfen sein. So machen frische und fruchtige Rote auch beim sonnenverwöhnten Barbecue eine gute Figur.

Genuss – und das ist letztlich also das wichtigste – ist nicht ausschließlich vom aktuellen Klima abhängig. Sich ein wenig am Lauf der Jahreszeiten zu orientieren, kann jedoch eine gute Idee sein.

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