Grübe Weinberge mit blauem Himmel

Alte Länder, neue Weinbaugebiete: Von Nordeuropa über Großbritannien bis nach Kanada

Die Welt der Weine kennt ihre großen und berühmten Anbauländer: Italien, Spanien, Deutschland, Portugal gelten als Klassiker. Australien, Südafrika, Chile und die USA etwa als „Neue Welt“. Doch auch hier zeichnet sich zunehmend ein Wandel ab. Im Zuge klimatischer Veränderungen verschieben sich die Weinbaugebiete. So betreten neue Länder die Bühne und zeigen sich bereits jetzt potenzialreich.

Durch den Klimawandel verschieben sich die Weinbauzonen

Schon im Jahr 2021 veröffentlichte ein Forscherteam mit Experten aus Kanada und Spanien eine Studie, die den Einfluss des Klimawandels auf den Weinbau untersuchte. Sie gelangten unter anderem zu dem Schluss, dass es in den kommenden Jahrzehnten zu einer deutlichen Verkleinerung der bisher für Weinbau geeigneten Flächen kommen könnte. Dies, weil es in vielen derzeit bereits warmen Regionen noch trockener und heißer wird. Ein Klima, in dem es die Weinrebe schwer hat.

Und wenngleich auch Winzer in Süditalien und Andalusien weiter auf neue Rebsorten setzen und Strategien für den richtigen Umgang mit dem Klimawandel entwickeln, sehen sich andere Länder in der Rolle des Profiteurs. Ein Ausblick auf das, was kommt:

England auf Schaumwein-Kurs

England kannten Touristen und Einheimische bislang vor allem für Bier. Dass sich dies nun jedoch ändert, lässt aufhorchen. So zeichnet sich in England ein Trend hin zu wärmeren Sommern und somit auch zu einem weinbaugeeigneten Klima ab. Noch ist das Land kein Global Player, es gibt jedoch immer mehr Winzer, die sich auf das Terrain vorwagen und mit dem Anbau von Reben beginnen. Da das Klima weiterhin recht kühl ist, bestimmt vor allem der Weißwein Englands Genusswelt. Ein besonderes Augenmerk liegt dabei derzeit auf Schaumweinen. So entschied sich sogar das berühmte Champagnerhaus Taittinger, in der britischen Grafschaft Kent Reben zu kultivieren und zu Schaumwein zu verarbeiten.

Norwegen profitiert von seinen Fjorden

Norwegen weit oben in Europa ist bekannt für eisige Winter und in manchen Regionen sogar Polarlichter. Dass hier Weinbau möglich ist, erschien jahrelang utopisch. Heute jedoch gibt es aufgrund der klimatischen Veränderungen immer mehr kleine Weinberge, auf denen vor allem frühreife und frosttolerante Rebsorten gedeihen.

Die Fjorde, die oft in der Nähe der Rebfläche liegen, leisten einen bedeutenden Beitrag zum Gelingen. Ihre Wasseroberfläche spiegelt das Sonnenlicht und wirft es auf die Hänge, wo es die Reben wärmt. Besonders viele Weinberge finden sich heute am Oslofjord, im Süden Norwegens und in der Telemark. Der deutsche Winzer Klaus Peter Keller legte sogar in Kristiansand am 58. Breitengrad einen Weinberg an, auf dem er erfolgreich Riesling kultiviert.

Polarlichter über norwegischer Landschaft

In den Niederlanden entwickelt sich der Weinbau zügig

Auch die Niederlande galten bisher kaum als Weinbauland. Zu regnerisch zu kühl und zu rau ist das Klima in vielen Teilen des Landes gewesen. Inzwischen aber wandelt sich ebenfalls hier das Terrain. Vor allem weil das Land historisch eng verbunden mit Südafrika ist, zeigen die Einheimischen eine gewisse Offenheit für den Weinbau und den Wein.
Und auch wenn hier kein sonnenliebender Pinotage gedeiht, entwickeln sich die Niederlande Stück für Stück hin zur Weinbau-Nation. Gab es 1997 nur sieben Weingüter, sind es heute weit mehr als vierzig. 2012 lag die Gesamtrebfläche bei 250 Hektar, wobei Weinbau vor allem in südlichen Regionen wie Gelderland und Limburg stattfindet.

Auch Kanada präsentiert beachtliche Weine

Ein Blick auf den amerikanischen Kontinent zeigt: Hier gibt es viele Länder, die bereits seit Jahrzehnten zur globalen Genusswelt beitragen. Chile und Argentinien in Südamerika etwa, Kalifornien in Nordamerika. Noch weiter nördlich jedoch wagte sich der Mensch vergleichsweise zögerlich. Kanada nämlich galt lange als etwas zu unwirtlich für den Weinbau. Wenngleich es schon seit dem 19. Jahrhundert Weinberge in Ontario gibt, nahm die Weinkultur des Landes erst in den siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts so richtig Fahrt auf. Das auch, weil die Prohibition den Anbau von Weinreben in Kanada lange unattraktiv erscheinen ließ. Donald Ziraldo und Karl Kaiser gelten als Pioniere des kanadischen Weinbaus. Ihr Weingut Inniskillin gründeten sie 1974.

Heute sind die Gegenden nahe kanadischer Seen besonders interessant für Winzer. Sowohl der Ontariosee nahe der Niagarafälle als auch der Lake Erie und der Okanagan-See sind bekannte Repräsentanten. Zu finden sind in den Weinbergen international bekannte Rebsorten wie Riesling, Pinot Noir und Chardonnay.

Besonders hervorzuheben ist in Kanada der Eiswein. Da es im Land regelmäßig zu Frösten am Ende der Vegetationsperiode kommt, produzieren die Winzer des Landes häufig und bereitwillig Eisweine. Zu verdanken ist dies der Geschichte nach dem deutschen Winzer Walter Hainle, der in den Siebzigerjahren den ersten kanadischen Eiswein produzierte.

See in kanadischer Berglandschaft mit Leuten, die Kanu fahren

Die Welt erwartet viel von neuen Ländern

Diese vier Beispiele zeigen deutlich: Im Weinbau tut sich was. Inwiefern sich die neuen Länder im Vergleich zu den bereits etablierten Nationen der neuen und alten Welt behaupten werden, bleibt jedoch abzuwarten. Fest steht, dass sich die Welt der Weine in den kommenden Jahrzehnten immer weiter gen Norden wagen wird. Mit spannenden Neuentdeckungen, wie Genießer hoffen!

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