Der Geruchs- und der Geschmackssinn arbeiten bei einer Weinverkostung eng zusammen. Aromen, die ein Tropfen auf sich vereint, können sie nur gemeinsam erkunden und bestimmen. Das liegt daran, dass über die sogenannte retronasale Verbindung Rezeptoren aus dem Mundraum und in der Nase ein deutlich größeres Wahrnehmungs-Spektrum ermöglicht wird. Kann die Zunge nur fünf unterschiedliche Geschmacksrichtungen erkennen, übertrumpft die Nase sie mit über vierhundert Düften. In Kombination jedoch sind beide mit mehr als zehntausend erkennbaren Aromen und Nuancen unschlagbar. Bei der Verkostung eines Weines sind daher Sorgfalt und Geduld gefragt, um das gesamte Spektrum erkennen zu können.
Inhaltsverzeichnis
Wie das aromatische Profil entsteht
Primäre, sekundäre und tertiäre Aromen bilden eine Einheit, die sich dem Genießer bei der Verkostung nach und nach eröffnet. Da sich hier eine ungeahnte Vielzahl an Aromen erkennen lässt, sind hilfreiche Stützen und Wegweiser wertvolle Instrumente. Das wohl bekannteste ist das in den Achtzigerjahren entwickelte Aromarad, an dem sich Weinfreunde bei der Verkostung orientieren können.
Fruchtige Aromen
Ein wichtiges Segment bei der Verkostung weißer, roter und roséfarbener Weine sind die Fruchtaromen. Sie können sowohl künstlich wirken und an Süßigkeiten erinnern – aber auch nach Zitrusfrucht, Beerenobst und Steinfrüchten riechen und schmecken. Auch verarbeitete Varianten wie gekochtes Obst und Trockenfrucht sind Noten, die dem Bereich der fruchtigen Aromen zugeteilt werden.
Spender für diese Noten sind in aller Regel die verschiedenen Rebsorten mit ihrem typischen Charakter. So schenkt ein Cabernet Sauvignon einem Rotwein gerne Aromen von Johannisbeere, Himbeere und Pflaume, während Grüner Veltliner im Weißwein mit Apfel und Zitrusfrucht überzeugt. Noten von getrockneter Frucht zeigen sich außerdem häufig in reifen Weinen, die aus dem Holzfass stammen.
Fruchtige Weine
Chemische Aromen
Sie lassen dem Wein eine besondere Charakteristik angedeihen und sind das Ergebnis des Zusammenwirkens von Reifung und Vinifikation. So kommen oxidative Noten oft von einem stärkeren Kontakt des Weines mit Sauerstoff. Auch edelfaules Lesegut lässt dem fertigen Wein häufig solche Noten angedeihen. Ein Duft, der an Klebstoff oder Schellack erinnert, wird durch Äthylacetat aus Essigsäure hervorgerufen. Vor allem in sehr üppigen Rotweinen ist diese Note häufiger zu finden.
Entscheidend bei chemischen Aromen ist, dass diese sich eher dezent zeigen sollten und den Wein keinesfalls dominieren dürfen. Sonst nämlich handelt es sich meist um einen sogenannten Weinfehler, den Kritiker mit schlechten Bewertungen abstrafen. Weitere Noten aus dem chemischen Segment sind Nuancen, die an Papier, Jod, Schwefel oder Kork erinnern.
Erdige Aromen
Noten im Wein, die an frische Erde, Humus oder auch mineralisches Gestein erinnern, sind das Ergebnis des Anbaus im Weinberg. Hier strecken die Rebstöcke ihre Wurzeln bis tief in das Erdreich hinein und nehmen nebst zahlreicher Nährstoffe auch den Charakter des Terroirs auf. Besonders in guten Lagen mit potenzialreichem Boden ist eine feine Mineralik ein gern gesehener Gast.
Pflanzliche Aromen
Häufig verfügen Weine über Noten, die an unterschiedliche Gewächse erinnern. Sie können sowohl von Rebsorten als auch von der Reifung und Vinifikation des Weines herrühren und verleihen ihm entweder Finesse oder auch Tiefgang. Grasige und frisch-blumige Nuancen sind besonders häufig in Weißweinen und Roséweinen zu finden, während florale Töne, Lakritz und Tabak im Rotwein eine Rolle spielen. Auch Nussaromen spielen in diesem Bereich eine wichtige Rolle und lassen so manchem Tropfen eine angenehm weiche Note angedeihen.
So bringt Barbera beispielsweise gerne einen leichten Veilchenduft mit sich, während Chardonnay hin und wieder eine Eichenholz-Note offenbart. Typisch für Sauvignon Blanc hingegen ist ein Duft nach frischem Heu. Holzige und süße Anklänge, die nicht der Rebsorte zuzuschreiben sind, erhält der Wein in vielen Fällen durch seine Reifung im Fass.
Biologische Aromen
Noten von Butter und Sahne, aber auch hefige Anklänge, die an Brot und Gebäck erinnern, zählen zu den biologischen Aromen im Wein. Sie stammen häufiger aus der alkoholischen Gärung des Weines, bei der Hefezellen zurückbleiben. Wird der Wein nicht frühzeitig von diesen Zellen getrennt, erhält er hefeartige Noten. Gute Beispiele sind Ripasso aus Valpolicella und auch Champagner.
Des Weiteren sind auch tierische und muffige Noten biologische Nuancen. Bei Mufftönen ist erneut die Option eines Weinfehlers denkbar, wenn die Nuancen sich allzu dominant zeigen und das Bouquet stark beeinflussen. Schimmelpilze und deren Stoffwechselprodukte sind hierfür verantwortlich. Demgegenüber sind „animalische“ Akzente durchaus gewünscht. In Syrah und Cabernet Sauvignon sind sie häufiger zugegen und werden durch einen Ausbau im Holzfass sowie lange Flaschenreifung intensiviert.
Würzige Aromen
Würztöne, die an Kräuter erinnern, sind häufig der zugrundeliegenden Rebsorte zu verdanken. Ein guter Repräsentant für Kräuternoten ist der Riesling, während Carignan häufig Anklänge von Lorbeer und Rosmarin präsentiert. Kräftige Würzaromen finden sich besonders oft in reifen Weinen aus Lesegut, das schon im Weinberg auf eine intensive Anreicherung mit Aromen hin gepflegt wurde.
Demgegenüber stehen auch die süßlichen Würztöne, die an Vanille und Zimt erinnern können. Sie sind nicht selten das Ergebnis der Holzfass-Lagerung, können zeitgleich jedoch ebenfalls das Erbe der Rebsorte darstellen. Zimt beispielsweise ist eine klassische Note des Gewürztraminers und Vanille gelangt mit Sangiovese oder auch Chardonnay in den Wein.
Würzige Weine
Wärmegeprägte Aromen
Wärmegeprägte Aromen schenken dem Wein eine füllige und tiefgründige Nuance. Diese Noten sind in den meisten Fällen das Resultat einer Reifung des Weines im Holzfass. Dann nämlich zeigt das aromatische Profil Röstnoten wie Kaffee und rauchige Anklänge.
Auch karamellisierte Nuancen von Kakao, Schokolade und Pralinen sind wärmeprägend und schenken vor allem dunklen Rotweinen aus heißen Regionen ihr einzigartiges Gesicht. Auch Sherry bringt nebst fruchtiger Aromen oft eine Vielfalt warmer Noten mit sich.
Der Geschmack
Der Geschmack eines Weines stützt sich nicht auf Einzelaromen, sondern beschreibt vielmehr den Gesamteindruck, den der Genießer bei der Verkostung erhält. Dieser Eindruck entsteht aus dem Zusammenspiel von Intensität und Gaumeneindruck. Dabei gibt es zwar durchaus Tendenzen, die weißen, roten und roséfarbenen Weinen zuzuordnen sind, allgemeingültige Regelungen bestehen jedoch nicht.
Eindrücke wie samtig und weich, aber auch bitter, hart und säurebetont entstehen vor allem durch die Art der Vinifikation und Reifung, führen jedoch auch das grundsätzliche Potenzial einer Rebsorte fort. Bei der Beurteilung der Intensität kann sich ein Wein als eher kurzfristiger oder auch langatmiger, kräftiger oder eher milder Genuss entpuppen. Hier spielt vor allem die Beurteilung des Abgangs am Schluss der Verkostung eine wichtige Rolle.
Wein entdeckte sie während ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau für sich. Danach bildete sie sich weiter und arbeitete auf Weingütern in Europa und Übersee. Im stationären Handel kaufte und verkaufte sie viele Jahre Wein, sie moderierte Seminare und beriet Kunden. Die Sommelière liebt Weine, die anregen, gegen den braven Geschmack bürsten und für Gesprächsstoff sorgen.