Im einzigartigen Mikroklima an der Mosel gedeihen Reben auf rund 8.770 Hektar. Hier entsteht Moselwein, der sein ursprüngliches Potenzial wiederentdeckt.

„Phönix aus der Asche“: Der Ruf des Moselweins im Wandel der Zeit

Behäbig fließt die Mosel durch die nach ihr benannte Weinregion. An ihren Seiten: dicht bewachsene Hügel, Wald, Gasthöfe – und Weinberge. Wer das Gebiet bereist, weiß sofort um sein besonderes Potenzial. Immerhin ist die Moselregion die wohl wärmste Gegend Deutschlands. Angesichts ihrer jahrhundertealten Tradition scheint es fast surreal, dass gerade der Moselwein nicht immer für freudige Gesichter sorgte. Als geradlinig nämlich kann die Karriere dieses Tropfens keinesfalls bezeichnet werden.

Schon früh erkannt: Das Potenzial der Moselregion

Schon vor Millionen von Jahren ließen die Flüsse Mosel, Saar und Ruwer tiefe Täler entstehen. Unter der Erde: historisches Schiefergestein inmitten einer der klimatisch vorteilhaftesten Regionen Deutschlands. Dass Wein hier nur gut gedeihen kann, wussten schon die Römer und ließen sich hier vor Jahrhunderten nieder. Auch im Mittelalter blieb die Moselregion ein Ort, der für großen Wein stand. Dessen war sich auch Erzbischof Clemens Wenzeslaus, einstiger Kurfürst Triers, sicher. Er sorgte dafür, dass die Qualität der erzeugten Weine schon beim Anbau gefördert wurde und veranlasste während des 18. Jahrhunderts groß angelegte Umstrukturierungen. Rebsorten, die nicht so recht an die Ufer der Mosel passen wollten, mussten weichen und wurden vorrangig durch Riesling ersetzt. Noch heute gehören Moselwein und Riesling fest zusammen.

Moselweine vom Weingut Van Volxem

Produktbild zu Van Volxem Bockstein Riesling Spätlese 2022 von

Land: Deutschland
Anbauregion: Mosel
Geschmack: süß
Produktbild zu Van Volxem Wiltinger Riesling 2022 von

Land: Deutschland
Anbauregion: Mosel
Geschmack: trocken

Der Verlust des Qualitätsgedankens

Moselwein Weinbau an der Mosel

Anfang des 19. Jahrhunderts ging es den Winzern an der Mosel schlecht. Handelspolitische Maßnahmen des preußischen Königreiches ließen den Wunsch nach qualitativ hochwertigem Wein in den Hintergrund rücken. Für Winzer und ihre Familien ging es zu damaligen Zeiten um nicht mehr und nicht weniger als das bloße Überleben. Als sich das zum Ende des Jahrhunderts wieder änderte – der Preußische Staat investierte bereitwillig in die Weinkultur der Region – begann eine glanzvolle Zeit für den Moselwein. Bis nach England, Frankreich und Russland schafften es die Tropfen, um dort anspruchsvollsten Gemütern kredenzt zu werden. Ein Moselwein wurde damals zu Preisen gehandelt, die noch Jahre zuvor als utopisch gegolten hätten.

In den folgenden Jahren mangelte es dem Moselwein nicht an Liebhabern. Und wie so oft in der Wirtschaft ließ dieser Erfolg auch bei den Moselwinzern Gier erwachen. Die Ausdehnung der Rebflächen nach dem Zweiten Weltkrieg vollzog sich bis in die Neunzigerjahre hinein. Waren es zu Beginn solide 7.500 Hektar, gehörten schließlich über 12.000 Hektar der Weinregion an.

Die intensive und durchaus als massenhaft zu bezeichnende Produktion von Moselwein aber ließ die Qualität leiden. Bald schon hatte der Tropfen sein einstiges Gesicht verloren. Liebhaber konnten den ursprünglichen Charakter eines echten Moselrieslings nicht mehr erkennen und wandten sich enttäuscht ab. Der Wein, so schien es, hatte seine ruhmreichen Jahre beendet.
 

Moselweine vom Weingut Dr. Loosen

Produktbild zu Magnum (1,5 L) Dr. Loosen Riesling vom Schiefer 2023 von

Land: Deutschland
Anbauregion: Mosel
Geschmack: trocken
Produktbild zu Dr. Loosen Riesling vom Schiefer 2023 von

Land: Deutschland
Anbauregion: Mosel
Geschmack: trocken

Rückkehr zu den Wurzeln: Der Moselwein ist rehabilitiert

Traditionelles Glas mit Moselwein

Doch Erfolgsgeschichten wären keine Erfolgsgeschichten, gäbe es nicht die überraschenden Wendungen und heimlichen Helden. Diese Helden sind vielerorts in der Moselregion noch heute am Werk. Junge Winzer, die das Potenzial im Erbe ihrer Familien erkannten und sich um die Rückgewinnung des guten Rufs kümmerten, retteten den Moselwein schließlich. Es ging nun nicht mehr um die schnelle Produktion großer Weinmengen, sondern um die Rückbesinnung auf einstige Stärken. Steillagen, die in den Siebzigerjahren als zu aufwändig abgetan wurden, rücken längst wieder in den Fokus und werden mit viel Liebe bestockt und gepflegt. Auch die Handlese kehrte zurück an die Mosel und trug dazu bei, den Graben zu schließen, der zwischen Winzer und Wein klaffte.

Im einzigartigen Mikroklima an der Mosel und ihren Nebenflüssen gedeihen Reben heute auf einer Rebfläche von rund 8.770 Hektar. Hier entsteht unter den wachen Augen der neuen Winzergeneration Moselwein, der sein ursprüngliches Potenzial wiederentdeckt. Zwei Tropfen aus dem Hause Dr. Loosen, „Wehlener Sonnenuhr Riesling GG Alte Reben“ und „Erdener Prälat Riesling GG Alte Reben“, beweisen das. Der erste von ihnen kommt mit animierender Würze, feiner Mineralik sowie lebhafter Frucht daher und wurde von Robert Parker mit 94 Punkten ausgezeichnet. Der zweite Tropfen war dem „Weinpapst“ ganze 96 Punkte wert. Fruchtiges Bouquet, Schmelz am Gaumen und kraftvolle Substanz beweisen hier: Der Moselriesling ist zurück.

Und wer sich mit den Weinen der Region befasst, merkt schnell: Nicht die Rückkehr alleine macht den Moselwein zum Highlight – sondern vielmehr seine Fähigkeit, alte Erfolge zu überflügeln.

  1. Vielen Dank für den kleinen Bericht. Ich habe das Grauen der 90-er und den Wiederaufstieg nah miterlebt da meine Großeltern aus Traben-Trarbach stammten und, wie viele andere, Nebenerwerbswinzer waren. So bin ich mit den Weinlesen in meiner Kindheit aufgewachsen. Das war schön. Wir hatten die Kelter und die feuchten Schieferkeller im Haus. Keine Edelstahltanks sondern Fuderfässer aus Eiche. Keine elektrischen Pumpen sondern eine Handpumpe in der Art einer Feuerwehrspritze aus alter Zeit. Das war sehr schön und bleibt im Geächtnis.
    Was Sie nicht erwähnt haben ist der touristische Niedergang in dieser Zeit. Die Innenstädte durchzog ein übler Geruch von Pommesbuden und billigster Gastronomie, nicht zu vergessen die endlose Reihe seelenloser Souvenirläden mit all ihrem Kitsch. Über zwanzig Jahre kehrte auch ich der Mosel dann den Rücken. Heute ist das zum Glück Vergangenheit und die Mosel wieder ein Stück Deutschland, dass sich zu bereisen lohnt. Ich würde zum Riesling auch sagen, dass der 1-Literschoppen sehr sehr typisch ist. Und entgegen allen Trends hier die feinherbe, also halbtrockene Variante. Den kann man nicht nur als Alltagswein wunderbar trinken sondern auch als „Kalte Ente“, angesetzt mit der abgeschälten Schale einer Zitrone, über Nacht stehen gelassen und dann mit einem guten Sekt aufgegossen wunderbar im Sommer genießen.

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