Farbe, das erfahren Menschen nicht selten hautnah, hat einen großen Einfluss auf das Leben. Nicht nur lieben wir unsere Bekleidung in bestimmten Tönen, färben unser Haar und wählen die Lackfarbe des neuen Autos mit Bedacht. Auch verändert Farbe die Wahrnehmung von Sinneseindrücken. Ob dies auch beim Wein so ist, haben Forscher der Johannes Gutenberg Universität Mainz gemeinsam mit dem Weingut Fritz Allendorf in Oestrich-Winkel getestet.
Inhaltsverzeichnis
Weingenuss: Weißwein, der wie Rotwein schmeckt?
Dass die Farbe eines Lebensmittels auch die geschmackliche Wahrnehmung beeinflusst, ist bereits seit vielen Jahren klar. So wirkt rot eingefärbtes Wasser auf manche Menschen, als schmecke es nach Kirsche oder Himbeere. Auch beim Wein geschieht eine solche Verzerrung. Dies fanden Wissenschaftler bereits 2001 heraus. Morrot, Brochet, & Dubourdieu färbten Weißweine mit roter Lebensmittelfarbe ein und ließen Probanden den Wein verkosten. Tatsächlich gaben die Teilnehmer an, Rotweinaromen im Wein zu schmecken.
Die Farbe des Getränks stand an der Johannes Gutenberg Universität Mainz jedoch nicht im Fokus. Vielmehr wollten die Forscher wissen, wie sich die Farbe der Umgebung auf den Genuss auswirkt. Hierfür füllten sie einen trockenen Riesling in schwarze Gläser. Ob es weißer oder roter Wein ist, bleibt so verborgen.
Anschließend verkosteten die Probanden die Weine im Rahmen dreier Experimente:
Der erste Teil: Je Proband nur eine Farbe
Die Probanden verkosteten den Riesling in einem Raum, dessen Beleuchtung in einer vorab festgelegten Farbe erstrahlte. Zu den im Experiment verwendete Farben gehören Grün, Blau, Rot und Weiß. Im ersten Experiment teilten die Forscher jedem Probanden nur eine Lichtfarbe zu und gaben ihnen anschließend einen kleinen Fragebogen.
Bei der Beantwortung stellte sich heraus, dass die Teilnehmer den Wein in blauem und rotem Licht lieber mochten. Grünes und weißes Licht schienen einen weniger positiven Effekt auf den Genuss zu haben. Auch in Bezug auf die Investitionsbereitschaft schlug sich das nieder: Die Probanden gaben an, im Vergleich zur Verkostung im grünen Raum einen Euro mehr für den Wein zahlen zu wollen, wenn sie im roten Licht verkostet hatten.
Der zweite Teil: Lichtfarbe und Geschmackskomponenten
Im ersten Experiment wurde deutlich, dass die Lichtfarbe zunächst nur die Gesamtbewertung des Weins beeinflusste. Um herauszufinden, ob sich auch Veränderungen des Geschmacks ergeben, veränderten die Forscher das Setting und führten einen zweiten Versuch durch. Nun verkostete jeder Proband seinen Wein in allen Lichtfarben.
Bei diesem Versuch zeigte sich, dass die Lichtfarbe auch die geschmackliche Wahrnehmung beeinflusste. Im weißen Licht empfanden die Probanden den Wein weniger würzig als im grünen und blauen Licht. Blaues Licht erzeugte außerdem auch einen stärkeren Eindruck von Bitterkeit.
Der dritte Teil: Ein Blick auf die Details
Im dritten Experiment war es das Ziel der Forscher, noch kleinere Veränderungen der Wahrnehmung zu erkennen. Hier verkosteten die Probanden jeweils zwei Gläser desselben Weins, wobei sich die Lichtfarbe bei jedem der Gläser unterschied. Anschließend fragten die Forscher ab, inwiefern sich Unterschiede zeigten. Zu den Ergebnissen dieses dritten Tests gehörte eine verstärkte Wahrnehmung des Weins als süßer und fruchtiger, wenn das Licht rot war. Auf die Gesamtwahrnehmungen allerdings wirkte sich die Umgebungsfarbe nicht aus.
Fazit: Auch Umgebung formt Genuss
Wie sich anhand dieser Experimente zeigte, verändert auch die Umgebung die geschmackliche Wahrnehmung. Folglich überrascht es wenig, dass ein Lieblingswein aus dem Urlaub zuhause anders schmeckt als beispielsweise auf der Hotelterrasse. Nicht nur das Urlaubsgefühl selbst, sondern auch verschiedene Assoziationen und die Gestaltung der Umgebung sind hierfür vielleicht verantwortlich.
Die Mainzer Forscher vermuten, dass nicht die allgemein ausgelösten Gefühle durch Lichtfarben der Grund für den veränderten Geschmack sind, sondern eher die Wahrnehmung selbst verändern. Dies beispielsweise, indem Farben Menschen empfänglicher für bestimmte Reize machen.
Zur abschließenden Klärung der nach den Experimenten gebildeten Hypothese, sind jedoch weitere Studien erforderlich. Als Empfehlung geben die Wissenschaftler jedoch an, Weine am besten in einem neutralen Umgebungslicht zu verkosten, um eine Beeinflussung möglichst auszuschließen.
Wein entdeckte sie während ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau für sich. Danach bildete sie sich weiter und arbeitete auf Weingütern in Europa und Übersee. Im stationären Handel kaufte und verkaufte sie viele Jahre Wein, sie moderierte Seminare und beriet Kunden. Die Sommelière liebt Weine, die anregen, gegen den braven Geschmack bürsten und für Gesprächsstoff sorgen.