Mosel, Rhône, Duero, Ebro und Loire: Flüsse, an deren Ufern Reben gedeihen, gibt es in großer Zahl. Nicht nur Europas Weinkultur lebt von der Nähe zu Gewässern, sondern auch global schätzen Winzer die Vorzüge der Lage unweit von Flüssen, Seen oder auch des Meeres. Doch woran liegt das? Ein Blick auf die Details verrät, dass es mehr als nur einen Grund für die buchstäblich fruchtbare Beziehung zwischen Wasser und Wein gibt.
Inhaltsverzeichnis
Die Geschichte des Weins als Fundament
Wer zurück zu den Anfängen der Weingeschichte in Europa und auch in Übersee reist, erkennt: Menschen siedelten sich damals bevorzugt in der Nähe von Gewässern an, da sich diese wie Lebensadern durch die Landschaft zogen. Entlang ihrer Ufer war der Anbau von Nahrungsmitteln möglich, Menschen versorgten sich mit Wasser und konnten dank des fruchtbaren Angebots auch Tiere halten. Dass sie Reben in Flussnähe pflanzten, lag also teilweise daran, dass es sich um ihr gewohntes Umfeld handelte.
Darüber hinaus entwickelten sich Flüsse in der Geschichte bald zu wichtigen Handelsrouten. Schon die Römer verschifften ihre gefüllten Amphoren über die Garonne und den Rhein. Da kurte Wege in vielerlei Hinsicht vorteilhaft für den Wein sind und in einer Zeit ohne maschinelle Hilfe den Weinbau überhaupt erst möglich machten, konzentrierte sich ein nicht unbeträchtlicher Teil der Reben allein aus geografischen und infrastrukturellen Gründen auf Regionen in Gewässernähe.
Flüsse schaffen ein besonderes Mikroklima
Doch die Infrastruktur allein war nicht die Ursache dafür, dass Fluss und Wein zu einer vorteilhaften Einheit zusammenwuchsen. Auch die Tatsache, dass Wasser dank seiner physikalischen Eigenschaften viel Wärme speichern und somit das Mikroklima vor Ort positiv beeinflussen kann, spielt eine bedeutende Rolle. Solange Flüsse wärmer als die Luft sind, herrscht ein geringeres Frostrisiko. Die höhere Luftfeuchte trägt zudem dazu bei, dass Winzer hochwertige edelsüße Weine wie Sauternes erzeugen können, denn in diesem Klima fühlt sich der Botrytis-Pilz besonders wohl.
Dass Flüsse und Gewässer darüber hinaus auch das Sonnenlicht reflektieren, optimiert das Mikroklima im Hinblick auf die Reife der Trauben und fördert auch in kühleren Regionen qualitativ hochwertige, aromatische Früchte. Liegen Weinberge in heißen Regionen in Flussnähe, mildert das Wasser mitunter die Temperaturspitzen und schützt die Gewächse so vor übermäßigem Hitzestress.
Wasser für die Reben? Der Fluss liefert das lebenswichtige Nass!
Ein nicht zu unterschätzender Vorteil, den Winzer in der Nähe von Flüssen genießen, ist gut verfügbares Wasser. Auch in trockeneren Phasen des Jahres dienen Flüsse in Regionen mit geringen Niederschlagsmengen als essenzielle Unterstützer. Künstliche Bewässerung machen sie überhaupt erst möglich. Hier schließt sich erneut der Kreis zur Geschichte des Weinbaus, denn Bewässerung spielt von Beginn an eine entscheidende Rolle und beeinflusste somit auch die Wahl des passenden Standorts für Reben.
Gewässer und Licht arbeiten zusammen
Als weiterer Faktor, der Flüsse und Gewässer zu wichtigen Akteuren im Weinbau macht, gilt deren Fähigkeit, Licht zu reflektieren. Jede Pflanze und somit auch die Weinrebe benötigt Licht, um Photosynthese zu betreiben. Etwa 20.000 Lux braucht es, um diesen Vorgang ideal zu unterstützen. Sobald der Himmel über Weinbergen stärker bewölkt ist, liegt dieser Wert jedoch deutlich unter der genannten Stärke und die Pflanzen können ihr Potenzial nicht ausschöpfen.
Liegt nun jedoch in Fluss in der Nähe, bündelt dessen Wasseroberfläche das Licht und unterstützt die Reben im Weinberg sogar an grauen Tagen aktiv. Dies mag in sonnenreichen Regionen eine weniger bedeutsame Rolle spiele, kann in schlechteren und wolkigeren Jahren jedoch die Jahrgangsqualität bewahren.
Fazit: Flüsse sind in vielerlei Hinsicht ein Regulativ
Letztlich lässt sich festhalten, dass Weinberge aus unterschiedlichen Gründen in Flussnähe liegen und es keine isolierte oder pauschale Erklärung hierfür gibt. Regionale Unterschiede bestimmen, inwiefern ein Fluss den Winzer und seine Reben unterstützt. Ob er also beispielsweise Hitze abmildert, Licht reflektiert, Feuchtigkeit schenkt oder Wärme in den Weinberg bringt, ist eine Frage der geografischen Umstände. In jedem Fall aber wird deutlich, dass der Fluss als Helfer stets eine regulierende Wirkung hat und Winzern auch bei schwankendem Klima mehr Stabilität bietet.
Wein entdeckte sie während ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau für sich. Danach bildete sie sich weiter und arbeitete auf Weingütern in Europa und Übersee. Im stationären Handel kaufte und verkaufte sie viele Jahre Wein, sie moderierte Seminare und beriet Kunden. Die Sommelière liebt Weine, die anregen, gegen den braven Geschmack bürsten und für Gesprächsstoff sorgen.