Jedes Jahr aufs Neue erwarten Genießer, Wein-Experten und auch der Handel erste Stimmen aus den Weinbergen mit Spannung. Im September gibt es meist schon einiges zu berichten, weshalb auch statistische Werte und Qualitätsprognosen möglich sind. Für den Jahrgang 2023 veröffentlichen Experten und offizielle Stellen derzeit international aufschlussreiche Mitteilungen. In diesem Jahr zeigt sich hier ein schwankungsreiches Bild mit Qualitäts-Höhenflügen und Sorgenkindern.
Inhaltsverzeichnis
Der Wein-Jahrgang 2023 in Deutschland
Schon im Juni berichtete das Deutsche Weininstitut von einer begrüßenswert unproblematischen Rebblüte in den Weinbergen. Die warmen Temperaturen während der Blütephase förderten kräftige Fruchtansätze und somit auch vielversprechende Ertragserwartungen. Diesen entsprechen auch aktuelle Schätzungen des Statistischen Bundesamtes. Die Experten werteten auch in diesem Jahr freiwillige Meldungen von Winzern aus und fassten diese am 4. September in einer Pressemitteilung zusammen.
So erwartet die Weinwelt in Deutschland eine um rund 9,1 Prozent höhere Lesemenge als noch in 2022 – etwa 9,9 Millionen Hektoliter. Starke Zuwächse verzeichnen Winzer in den Anbaugebieten Mittelrhein, Mosel, Württemberg, Rheinhessen, Pfalz und Ahr. Zu den Gewinnern unter den Rebsorten gehören im Jahrgang 2023 voraussichtlich der Riesling mit einem Zuwachs von rund 13 Prozent und Spätburgunder mit einem Plus von sechs Prozent gegenüber den Vorjahreswerten. Über die Hälfte der Jahreslese in diesem Jahr entfällt auf die Regionen Pfalz sowie Rheinhessen.
Glücklicherweise gab es in den deutschen Anbaugebieten trotz einiger heftiger Unwetter nur geringe Verluste durch Hagel oder auch Sturm. Die mitunter hohe Luftfeuchte förderte das Auftreten des Falschen Mehltaus, aber auch hier waren deutsche Winzer weit schwächer betroffen als ihre Kollegen aus manch anderen Ländern. Was die Wein-Qualität betrifft, rechnen Winzer vielerorts mit vielversprechenden Ergebnissen. Ausreichend Niederschläge, regelmäßige Wechsel zwischen warmen und kühlen Phasen und genügend Sonnenstunden sprechen dafür.
Auch Österreich blickt hoffnungsvoll auf 2023
Österreichs Winzer erlebten in den vergangenen Monaten ein Wechselbad der Gefühle. Der südliche Nachbar Deutschlands nämlich war in 2023 deutlich stärker betroffen von Unwettern, was die Ertragserwartungen leicht schmälert. Dies berichtet auch der österreichische Weinbaupräsident Johannes Schmuckenschlager. Geringeren Ertragserwartungen stünden laut Schmuckenschlager jedoch hohe Qualitätserwartungen gegenüber. Diese seien vor allem den Wechseln zwischen niederschlagsreichen und heißen Perioden zu verdanken. Rund 2,3 Millionen Hektoliter Erntemenge erwartet Österreich von der diesjährigen Lese.
Interessant ist auch, dass das wechselhafte und etwas kühlere Wetter auch in Südafrika für ähnliche Berichte sorgt wie in Österreich. Die Lese des Jahrgangs 2023 beschreibt der Leiter der Beratungsdienste von Vinpro, Conrad Schutte, als vergleichbar mit etwa 2021 und 2022. Dass die Erntemengen möglicherweise besonders gering ausfallen könnten, scheint auch der südafrikanische Wein in 2023 mit einem großen Qualitäts-Plus auszugleichen.
Wein-Jahrgang 2023 für Frankreich und Italien herausfordernd
Acht Jahre lang war Italien mengenmäßiger Spitzenreiter, was den Weinbau in Europa betrifft. In 2023 jedoch ändert sich das voraussichtlich. Während Frankreichs Statistik- und Prognosedienst (SSP) mit 44,5 Millionen Hektolitern rechnet, erwartet die Landwirtschaftsorganisation Coldiretti in Italien rund 43 Millionen Hektoliter. Dies entspricht einem Einbruch um 14 Prozent im Vergleich zu 2022 und sorgt für einen Wechsel auf den ersten beiden Plätzen. Nicht nur starke Stürme und Unwetter waren in 2023 der Grund für einen schwierigen Jahrgang in Italien, sondern vor allem auch der Falsche Mehltau. Besonders im Süden des Landes und in Mittelitalien griff die Erkrankung großflächig um sich und sorgte für spürbare Verluste. Teilweise sprechen Experten von einem der wohl schlechtesten Jahrgänge des vergangenen Jahrhunderts.
Indes bleibt auch Frankreich nicht verschont vom Falschen Mehltau. Erst im Juli veröffentlichte die für das Département Gironde verantwortliche Landwirtschaftskammer einen Bericht, der von umfangreichem Befall spricht. Auch sollen manche Winzer im Jahr 2023 ihre gesamte Lese an den Mehltau verloren haben. Hinzu kamen in Frankreich teils schwerwiegende Hagelstürme, die die Erntemengen erheblich schmälerten.
Schwierige Qualitätsprognosen im Wein-Jahrgang 2023, aber steigende Preiserwartungen
Während sich Deutschland, Österreich und Südafrika bereits auf hohe Qualität bei ihren diesjährigen Weinen freuen, herrscht in Frankreich und Italien bislang eher verhaltene Stimmung. Auch hier ist jedoch damit zu rechnen, dass die Winzer in den zahlreichen Regionen zwischen Languedoc und Champagne sowie Apulien und Piemont ihr Bestes geben und erstaunliche Weine auf den Markt bringen werden.
Druck auf die Weinbranche entstand in 2023 außerdem auch aufgrund deutlich steigender Preise für Energie und Rohstoffe. Winzer waren teilweise mit deutlich höheren Ausgaben konfrontiert, welche sich vermutlich auch in den Weinpreisen widerspiegeln werden. Dies gilt besonders für Weinregionen, in denen zusätzlich zur wirtschaftlichen Belastung mit einem Einbruch der Lesemengen zu erwarten ist. Selten waren Winzer so auf Unterstützung aus der Genusswelt und seitens der für sie verantwortlichen Länder angewiesen. Ein hoffnungsvoller Blick gen Zukunft bleibt jedoch in den meisten Regionen erhalten.