Marie Barbé stammt ursprünglich aus Bordeaux und hat dort an der Fakultät für Önologie ihren Master gemacht. Bis zum Jahr 2022 leitete sie zusammen mit Bertrand León, dem Sohn von Wein-Größe Patrick León, die Bodega Son Mayol auf Mallorca. Sie war so nett, uns in unserem Winzerview einige Fragen zu ihrer Arbeit und den beiden Rotweinen Le Premier Vin und Le Grand Vin zu beantworten.
Inhaltsverzeichnis
Wie heißen Sie und was ist Ihre Geschichte?
Mein Name ist Marie Barbé. Ich komme aus Bordeaux und habe dort an der Fakultät für Önologie studiert und dann meinen Master in Management mit Bezug auf Wein und Weinbau gemacht.
Meine Karriere begann also in Frankreich. Ich entschied mich aber schnell dafür, zu reisen und ein anspruchsvolles Projekt für mich im Ausland zu finden. Ich verbrachte acht Jahre in Russland und war dort in der Weinproduktion beschäftigt. Hier lernte ich meinen Mentor Patrick Léon kennen und schätzen, dem Projekt-Initiator von Son Mayol. Ich habe immer sehr eng mit Patrick zusammengearbeitet und dasselbe kann ich rückblickend auch über die lange Zusammenarbeit mit seinem Sohn Bertrand Léon sagen.
Bertrand ist ebenfalls Absolvent der Fakultät für Önologie in Bordeaux. Er hat sein eigenes Anwesen in Fronsac. Mit seinem Vater hat er an verschiedenen Projekten gearbeitet – das wichtigste war das Chateau d’Esclans in der Provence, wo Bertrand der technische Direktor ist. Dann unterstützte er das interessanteste Projekt seines Vaters und ist nach Mallorca gekommen, um zu bei Son Mayol zu verkosten sowie bei allen Prozessen im Weinberg und im Keller zu unterstützen.
Für uns beide ging es immer darum, die Vision des Eigentümers zu verwirklichen – auf Mallorca einen Wein von hohem Qualitätsniveau zu schaffen, der international konkurrenzfähig ist.
Wie würden Sie die Philosophie von San Mayol beschreiben?
Die Philosophie von Son Mayol ist es, beste Weine zu produzieren, welche das Terroir, die Natur und den Menschen respektieren. Wir wollten unsere Weine, aber auch die Insel Mallorca selbst, fördern. Sie ist ein spektakulärer Ort zum Leben, Arbeiten und natürlich auch für Wein.
Mit welchen geografischen Merkmalen mussten Sie sich auseinandersetzen?
Balearen – Mallorca – Palma de Mallorca – zu Füßen der Bergkette der Tramuntana. Dieses Gebiet profitiert von den Einflüssen des Meeres und der Berge. Es gibt kühlere Temperaturen als im Zentrum der Insel und außerdem eine gute Amplitude zwischen Tag und Nacht. Darüber hinaus herrscht genügend Wind, der eine gute Belüftung der Reben ermöglicht.
Die Böden fallen sehr unterschiedlich aus, wir zählten zu der Zeit etwa 35 verschiedene „Mikro-Terroirs“, die aus Lehm, Kalkstein, Schlamm und Felsen…viele Felsen… (*schmunzelt*) bestanden. Die Parzellen befanden sich meist in Hanglage mit Ausrichtung nach Süden, Westen und Osten. Für jede Parzelle haben wir damals natürlich die am besten geeigneten Sorten ausgewählt.
Mit welchen Herausforderungen der Weinherstellung sahen Sie sich im Alltag konfrontiert?
Jedes Jahr ist auf Mallorca anders und damit auch eine Herausforderung, nicht nur, was das Klima betrifft. Das gilt für alle Menschen hier und eben auch für Son Mayol. Wir hatten ein junges Projekt, bei dessen Gestaltung schon ganz zu Beginn an vieles gedacht werden musste: die Weine, die Parzellen, das Team. Für einen Winzer eine alltägliche, aber auch willkommene Herausforderung.
Wie wird im Weinberg gearbeitet?
Son Mayol betreibt integrierten Weinbau, wir wollten chemische Hilfestellung bei der Bewirtschaftung auf ein Minimum reduzieren und so ergriffen wir alle vorbeugenden Maßnahmen, um eine gute Belüftung unserer Trauben zu ermöglichen, die Aktivität zu reduzieren, das Blatt zu belassen, den Ertrag zu verringern und den Boden schonend zu bearbeiten.
In puncto Wasser wird nur mit gerade der Menge nachgeholfen, die auch wirklich gebraucht wird. Wir wollten aber den geringen Ertrag respektieren und annehmen, den uns die Natur und das hiesige Klima ermöglichten.
Wie sah der Herstellungsprozess der Weine aus?
Die Ernte erfolgt von Hand in kleinen Kisten von jeweils zehn Kilogramm. Darauf kommt das Erntegut 12 bis 24 Stunden in einen Kühlraum, damit die Trauben bei niedrigerer Temperatur verarbeitet werden können. So wird die Frucht geschont und eine Oxidation vermieden.
Dann geht es für die Trauben auf einen ersten Sortiertisch, wo Blätter und weitere ungewollte Bestandteile entfernt werden. Anschließend erfolgt das Entrappen mittels einer neuen Technologie, die mit Schwingungen und der Hilfe der Schwerkraft arbeitet. So bleiben die Beeren unversehrt.
Nun geht es auf einen zweiten Sortiertisch, an dem mit Infrarot gearbeitet wird. Hier kommen nur die dunkelroten Beeren ab einer gewissen Größe durch. Anschließend folgt die Quetsche, deren Ergebnis die Schwerkraft in unsere Tanks befördert.
Wir waren stets auf den Schutz unserer Weine bedacht und bedienten uns eines reduktiven Prozesses. Die Weine vergären mittels aktiver Temperaturführung. Dennoch findet die Gärung in Holztanks statt. Durch das Holz gelangt natürlich ein wenig Luft in den Wein. Dieser Austausch rundet das Tannin und das Tannin wiederum schützt den Wein vor Oxidation.
Im Hinblick auf den Bordelaiser Weinstil, eine passende Farbe und eine gute Polymerbildungsreaktion unserer Tannine schätzten wir die Mikrooxidation, welche zuerst durch die Holztanks und dann später durch die Fässer ermöglicht wird. Nach der Gärung erfolgt der Abstich in die Fässer für die Reifung, ebenfalls mittels der Schwerkraft. Beide Weine reifen mindestens 12 bis 18 Monate in Fässern, die weniger als drei Jahre alt sind. Schönungsmittel finden bei Son Mayol auch heute noch keine Verwendung.
Wie ist das Jahr 2019 verlaufen? Ist der Jahrgang von klimatischen Besonderheiten geprägt?
2019 war ein sehr guter Jahrgang. Wir hatten Temperaturen im kühleren Bereich und dazu eher wenig Wasser. Die Erträge waren zwar gering, dafür aber wirklich ausgezeichnet, was die Konzentration angeht. Wir waren in der glücklichen Lage, jedes Jahr Weine zu produzieren, die einem sehr hohen Qualitätsanspruch gerecht werden.
Da das Weingut aber Terroir-Wein produziert, durften wir selbstverständlich nie die Auswirkungen des Wetters außer Acht lassen und mussten diesen mit dem höchsten Respekt begegnen. Da liegt es nahe, dass die Jahrgänge sich untereinander immer etwas unterscheiden, der Grund-Stil und das hohe Qualitäts-Level bleiben jedoch stets erhalten.
Sie haben ja gleich zwei Weine mitgebracht. Welche Rebsorten sind in den Weinen enthalten und warum?
Wir haben uns für Cabernet Sauvignon, Merlot und Petit Verdot entschieden, da wir finden, dass diese Sorten hochinteressant und bestens geeignet sind, um den Weinen einen ausgezeichneten internationalen Qualitätsstandard zu verleihen. Sie sind sehr gut an das Terroir angepasst und spiegeln die Weinregion geradezu perfekt wider.
Natürlich ist eine Entscheidung für gewisse Rebsorten auch immer eine Frage des Geschmacks. Wir haben uns damals Weine gewünscht, die sowohl fruchtig sind als auch eine gewisse Kraft und Eleganz aufweisen. Und dafür sind diese Rebsorten sozusagen prädestiniert.
Warum halten Sie diese Weine für etwas Besonderes?
Die Weine werden auf Mallorca produziert und sind eins mit dem Terroir dieser Insel. Ich würde aber sagen, dass sie so etwas wie einen französischen Touch besitzen. Unser Weinbau-Stil und auch die Zubereitung der Weine gründeten auf Erfahrungen, die uns das Weinbaugebiet Bordeaux gelehrt hatte.
Uns ist der Transfer dieses Wissens auf die Art des Bodens und das Klima der Insel gelungen – und deswegen heben sich die Weine von den anderen auf der Insel ab. Auch wenn hauptsächlich Merlot und Cabernet den Weg in die Tropfen finden, besitzen diese eine hohe Konzentration und eine ansprechende Finesse.
Wie beschreiben Sie den Stil der Weine? Wie riechen und schmecken sie und wie lange können sie gelagert werden?
Beide Weine treten elegant und konzentriert auf. Der Premier Vin ist ein Wein, der jung genossen werden sollte, mit seinen fruchtigen und sehr geschmeidigen Tanninen ist er leicht zu trinken. Er kann länger als fünf Jahre halten, aber seine eigentliche Bestimmung ist es, ihn in seiner Jugend zu genießen.
Der Grand Vin ist ebenfalls ein konzentrierter Wein, der aber lange im Fass ruhen durfte. Er kommt um einiges komplexer daher und weist Aromen von reifen Früchten, von Tabak, von Vanille und Toast auf. Hier haben wir einen Wein, auf den es sich zu warten lohnt. Wer ihn nach einigen Jahren in der Flasche dekantiert, den erwartet ein Hochgenuss. Bei richtiger Lagerung hält er sich gut und gerne über 20 Jahre.
Warum haben Sie sich für diese Aufmachung der Weine entschieden?
Wir wollten, dass die Verpackung die Qualität des Inhalts der Flaschen widerspiegelt. Deswegen haben wir uns für sehr hochwertige und edle Etiketten entschieden. Auch beim Korken sind wir kein Risiko eingegangen und haben uns für eine unseren Weinen ebenbürtige Qualität entschieden.
Was hat es mit den Namen der Weine auf sich?
Die Namen der Weine sind als Augenzwinkern in Richtung der Bordeaux-Weine zu verstehen. Beim Premier haben wir einen kleinen Seitenhieb in Richtung Bordeaux verpackt, um auf den Fehler hinzuweisen, einen „zweiten Wein“ zu produzieren. Unser Premier Vin ist nicht der zweite Wein des Grand Vin, er ist ein selbstständiger Wein, der aus einer anderen Auswahl entstanden ist und von der Parzelle bis zur Flasche einen eigenen Weg gegangen ist. So haben wir einen modernen und fruchtigen Wein kreiert.
Wie ist die Qualitätsstufe Ihrer Weine? Was sagen die Weinkritiker?
Son Mayol ist ein sehr junges Unternehmen und hat erst im Jahr 2016 den Weinmarkt mit den 2014er Weinen betreten. Dennoch konnten die Weine bereits mit wahren Bestnoten auf sich aufmerksam machen.
Vom Falstaff Magazin bekamen der Son Mayol Grand Vin 2014 95 Punkte und der Son Mayol Premier Vin 2014 93 Punkte. Der 2015er Son Mayol Premier Vin erhielt von Vinum 17 von 20 Punkten und der 2016er 91 von 100 Falstaff-Punkte. Der 2015er wurde gar als „Charmeur mit Charakter“ bezeichnet.
Der Son Mayol Grand Vin 2016 schnitt mit 92 von 100 Punkten beim Wine Enthusiast ab und bekam mit „zurückhaltendem Bouquet, viel Frucht und seinem langen, mineralisch wirkenden Abgang“ beispielsweise 93 Punkte bei Falstaff.
Welche alltäglichen Speisen und/oder regionalen Gerichte passen zu den Weinen?
Zum Premier Vin empfehlen sich leichte Speisen. Tapas, weißes Fleisch und sogar Fisch gehen eine ganz vorzügliche Partnerschaft mit ihm ein.
Der Grand Vin verursacht mit einem Stück des Black Angus-Fleisches ein wahres Freudenfest der lukullischen Genüsse.
Welchen Wein trinken Sie – außer Ihrem eigenen – zu welchem Anlass und welche Speisen kombinieren Sie dazu?
Ich trinke natürlich sehr gerne Bordeaux-Weine, aber entdecke auch immer mehr Weine vom spanischen Festland. Eine Appellation wie Bierzo ist sehr interessant und bringt Weine aus Mencia hervor, die mir gefallen.
Ich trinke einfache Weine mit Freunden zu Tapas und komplexere Tropfen zu einem guten Essen. Manchmal organisiere ich auch Verkostungen mit meinen Önologie-Freunden aus dem Studium, bei denen wir, sagen wir, zehn Flaschen sehr unterschiedliche Weine öffnen und uns über sie austauschen.
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Wein entdeckte sie während ihrer Ausbildung zur Restaurantfachfrau für sich. Danach bildete sie sich weiter und arbeitete auf Weingütern in Europa und Übersee. Im stationären Handel kaufte und verkaufte sie viele Jahre Wein, sie moderierte Seminare und beriet Kunden. Die Sommelière liebt Weine, die anregen, gegen den braven Geschmack bürsten und für Gesprächsstoff sorgen.