Zwei Weingüter liegen in den Händen von Vianney Castan. In den Regionen Costères de Nîmes und in Terrasses-du-Larzac stehen die beiden Châteaus des Winzers, der sie gemeinsam mit seiner Frau Emilie führt. Der Beruf des Winzers kam zu Castan auf unterschiedlichen Wegen. Zwar gab es Familientradition, aus dieser resultierte jedoch keine Pflicht. Doch Vianney Castan wählte seinen Weg aus eigenem Antrieb und begeistert heute mit großen Weinen. Im Winzerview verrät er mehr über das, was ihn antreibt und gewährt Einblicke in seine Genusswelt.
Inhaltsverzeichnis
Guten Tag, Vianney! Stellen Sie sich gerne kurz vor.
Guten Tag, sehr gerne! Mein Name ist Vianney Castan, ich bin Winzer aus Leidenschaft, Familienvater, Ehemann und Autoliebhaber. 2007 gründete ich gemeinsam mit meiner Frau Emilie ein eigenes Weingut. Das Haus war zwar nicht Teil des ursprünglichen Familienbesitzes, das aber stört mich bis heute nicht. Hier verwirkliche ich jene Träume, die ich von Beginn an hatte und ich glaube, dass auch mein Urgroßvater Joseph einverstanden wäre. Außerdem erweitere ich meinen Horizont so oft ich kann. Irgendwann würde ich gerne Rum auf den Inseln herstellen.
Welcher Philosophie folgen Sie bei Joseph Castan?
Das Weingut benannte ich nach meinem Urgroßvater, nicht nach mir selbst. Das zeigt bereits, wohin die Reise mit Joseph Castan geht. Die Familie und zwischenmenschliche Werte nämlich sind mir besonders wichtig. Auch beim Weinmachen ist die Kombination von Speisen und Weinen für mich zweitrangig. Das Wichtigste ist, eine Flasche mit Freunden und all jenen zu teilen, die man liebt.
Und gibt es dabei Herausforderungen, denen Sie sich besonders oft stellen?
Das Wasserdefizit, die extreme Hitze und der immer häufiger auftretende Frost stellen uns jedes Jahr auf die Probe. Wir müssen unsere Weinberge erneuern und auch unsere Rebsorten sowie Methoden überdenken.
Ich habe bei all dem keinen Mentor, ich versuche einfach, einen gesunden Menschenverstand zu haben. Wenn es ein Problem gibt, spreche ich mit meiner Frau, die immer einfache und ermutigende Worte findet. Sie ermöglicht es mir häufig, Probleme zu überwinden und zu lösen.
Sie wurden Winzer, obwohl Ihr Vater der Familientradition nicht folgte. Warum?
Mein Urgroßvater und mein Großvater waren Winzer, aber die Generation meines Vaters hat nicht nachgezogen. Ich bin nicht in den Weinbergen aufgewachsen, aber ich habe Geschichten darüber gehört. Diese Geschichten und das Gefühl, in Weinberg und Keller zu gehören, waren mein Antrieb. Ich beschloss, das zu früh geschlossene Familienbuch wieder zu öffnen und unsere Familie wieder in die Weinberge zu bringen. Bis heute habe ich es nicht bereut.
Gab es in Ihrem Leben auch andere Berufswünsche?
Nein, ich hätte nichts anderes gemacht. Der Wein und das Weinmachen sind für mich alternativlos.
Erzählen Sie uns etwas von Ihrem Weingut?
Aber gern! Das Weingut besteht seit über 300 Jahren und die Reben wachsen seit über 100 Jahren. Als wir es übernahmen, mussten wir alle Weine und Sortimente neu kreieren. Wir verwenden die traditionellen autochthonen Rebsorten Syrah, Grenache, Carignan und Mourvèdre.
Wir bevorzugen mechanische Arbeiten gegenüber chemischen Mitteln. Naturnähe ist uns dabei besonders wichtig. So setzen wir zum Beispiel Schäfer mit ihren Schafherden ein, um die Parzellen zu mähen und das Gras besser unter Kontrolle zu halten.
Es heißt oft, Wein entstehe im Weinberg. Sehen Sie das auch so?
Teilweise. Wir ziehen unsere Trauben mit großer Sorgfalt heran, bis ihre Reife und ihr Ausdruck ihren Höhepunkt erreicht haben. Die Arbeit im Keller ist dadurch umso einfacher, aber wir müssen uns dennoch ständig anpassen, um nur das Beste herauszuholen und den Weinen möglichst seidige Tannine und strahlende Aromen zu verleihen. Also ja: der Weinberg ist essenziell, die Kunst im Keller jedoch auch. Es ist ein Zusammenspiel.
Gibt es Wein-Trends, die Sie schätzen? Und alternativ auch solche, die Sie ablehnen?
Ich finde es sehr interessant, unsere Rebsorten an unsere Umwelt anzupassen und sie so zum Beispiel resistent gegen Trockenheit oder Krankheiten zu machen. Das gibt den Winzern die Möglichkeit, bei der Weinbereitung kreativ zu sein und immer wieder neue Dinge zu entdecken. Auch vor dem Hintergrund des Klimawandels ist das sehr wichtig.
Im Gegensatz dazu macht mich die Mode der naturbelassenen Weine wütend, denn das Fehlen von Methoden und Kontrolle führt dazu, dass wir die größten Mängel des Weins wiederentdecken. Diese sind eigentlich seit Jahrzehnten verschwunden und nun versucht man uns sie als Ausdruck des Terroirs zu verkaufen.
Erinnern Sie sich, worüber Sie zuletzt wirklich wütend waren?
Schwer zu sagen, ich werde nicht oft wütend. Grundsätzlich aber bringen Mängel an meinen Weinen mich schon mal aus der Fassung. Im Weinberg hingegen werde ich verrückt, wenn Dinge gegen den gesunden Menschenverstand getan werden.
Wenn neben dem Weinmachen Zeit übrig bleibt: was tun Sie damit?
Ich restauriere alte Autos. Dabei kann ich wunderbar abschalten und es ist etwas, das ich mit meinen Händen machen kann.
Was sollten wir unbedingt tun, wenn wir Ihre Region besuchen?
Oh, Sie sollten unbedingt mit dem Kanu den Herault hinunterfahren und am Lac Salagou zelten! Wenn Sie gut zu Fuß sind, lohnt sich eine Durchwanderung der Cevennen und für Feinschmecker empfehle ich stets, Austern am Étang de Thau zu essen.