Juan Gils Weinberge im Panorama. Im Hintergrund Steinklippen.

Winzerview: Miguel Gil Vera von der Juan Gil Family Estate

In diesem Winzerview geht es um ein Weingut, mit dem die neun Juan-Gil-Geschwister ihre eigene Weinkarriere schon im Jahr 2001 starteten. Die Bodegas Juan Gil als neue Heimat markierte jedoch keinen vollkommenen Neubeginn, denn der Weinbau liegt der Familie bereits seit mehr als einem Jahrhundert im Blut. Zehn Güter in neun Appellationen liegen heute in den Händen der Weinenthusiasten. Im Winzerview gewährt Miguel Gil Vera als Sprachrohr für seine Geschwister und die gesamte Familie Einblicke.

Hallo Miguel, wir freuen uns, dass Sie sich Zeit für das heutige Gespräch nehmen. Möchten Sie sich unseren Lesern kurz vorstellen?

Hallo! Sehr gerne! Mein Name ist Miguel Gil Vera, ich wurde in Jumilla in eine Winzerfamilie hineingeboren. Deshalb half ich schon als Kind im Familienbetrieb bei allen möglichen Aufgabe und mein Vater gab sein Wissen, seine Erfahrung und seine Leidenschaft für Wein an mich weiter. Nachdem mein Vater 1977 starb, führte meine Mutter Rosario Vera die Weinkellerei weiter und lehrte mich und meine acht Geschwister Werte, die uns heute noch begleiten.

Was wären Sie geworden, wenn nicht Winzer?

Ich habe es sogar einmal versucht! Flugzeuge sind eine meiner größten Leidenschaften, ich war lange Zeit sehr glücklich als Ingenieur. Letztlich spürte ich aber, dass der Wein mein Leben ist. Er liegt mir im Blut.
Nach einigen Jahren bei der Firma CASA in Sevilla, wo ich Flugzeuge konstruierte, beschloss ich deshalb, in das Weingeschäft zurückzukehren und nach Jumilla zu kommen. Ich arbeitete einige Jahre lang bei Bodegas J. García Carrión und Bodegas Luzon. Später sprach ich mit meinem Bruder Angel, um die Familienkellerei wieder aufleben zu lassen und heute bin ich mehr als glücklich, diesen Weg gewählt zu haben.

Was glauben Sie, war in der Rückschau besonders prägend für Ihre Karriere?

Mein Vater gab sein Wissen und seine Leidenschaft für den Wein an mich weiter und meine Mutter war eine Quelle der Inspiration, indem sie uns die Werte der Familieneinheit vermittelte, die heute Bodegas Juan Gil ausmachen.
Das gab uns auch den Mut, Jumilla als Heimat für die Bodega zu wählen. Am Anfang war das Image der Region nicht gut und wir mussten uns auf den Verkauf im Ausland konzentrieren. Wir hatten in kurzer Zeit großen Erfolg in den Vereinigten Staaten und das ermöglichte uns, Juan Gil ebenfalls in Spanien zu etablieren.

Ihre Familie beschäftigt sich schon lange mit dem Weinbau. Welche Rolle spielt Geschichte für Sie?

Sie ist ein Teil meiner Lebensgeschichte und deshalb untrennbar mit mir verbunden. 1916 gründete unser Urgroßvater Juan Gil Giménez eine Familienkellerei in Jumilla und heute stellt die vierte Generation der Familie Weine in zehn verschiedenen Appellationen in Spanien her: Rioja, Priorat, Montsant, Calatayud, Campo de Borja, Rias Baixas, Tierra de Castilla y León, Rueda, Jumilla und Almansa. Alles, was zwischen diesen beiden Punkten liegt, ist besonders für mich, denn es führte mich in die Weinberge, die ich heute bewirtschafte.

Nach welcher Philosophie arbeiten Sie heute?

Das Weingut bewahrt die Geschichte vergangener Generationen. Es ist die Geschichte unserer Vorfahren und unserer Zukunft. Eine Mutter, die sich kümmert und ihre Früchte anbietet, um unsere Weine zu erhalten. Weine, die Ausdruck unseres Landes mit einheimischen Sorten sind. Demut vor diesem Geschenk bestimmt unsere tägliche Arbeit.
Unsere Familie betrachtet jeden Weinberg als eine individuelle Einheit mit eigenem Charakter und Ausdruck. Wir bewegen uns gern in Richtung Nachhaltigkeit. Zum Beispiel produzieren wir Humus aus Pflanzenresten, um den alten Weinberg zu düngen. Unser Ziel ist es, die Umwelt bei bester Qualität zu respektieren.

Bodegas Juan Gil im Hintergrund, vorne Weinreben zu sehen

Begegnen Ihnen hierbei besondere Herausforderungen?

Der Klimawandel ist eine große Herausforderung. Höhere Temperaturen verlagern die Reifephase in wärmere Perioden im Sommer und wirken sich auf Trauben und Wein aus. Außerdem sind extreme Wetterereignisse häufiger geworden. Wir brauchen Anpassungsstrategien, um weiterhin hochwertige Weine zu erzeugen und ihre Typizität zu bewahren. Das fordert uns sehr!

Beschreiben Sie kurz, was Sie im Weinberg bewegt?

Jumilla liegt auf einem Hochplateau, das von einer Bergkette umgeben ist. Es ist eine Region mit extremem Klima, sandigen, nährstoffarmen Kalkböden und Weinbergen mit steiniger Oberfläche. Der Boden hat die besondere Fähigkeit, das wenige Wasser, das er erhält, zurückzuhalten. Diese gegensätzlichen Bedingungen geben uns den Charakter und den Stil von Jumilla.
Der Schlüssel zu unserem Erfolg ist eine Mischung aus Hochtechnologie und Tradition. Wir behalten das Gestern, das Heute und auch das Morgen im Blick. Nachhaltigkeit spielt für uns deshalb eine ebenso bedeutende Rolle wie eine jedes Jahr aufs Neue entstehende Strategie, den Reben das Beste zu entlocken.

Gewähren Sie uns einen kleinen Einblick in Ihren Keller?

Ohne Bartolomé Allellán wäre unser Keller ein anderer. Der Weinenthusiast und Monastrell-Experte ist seit seiner Kindheit voller Liebe für den Genuss. Er hat seine Ausbildung in Barossa-Australien bei Chris Ringland, Alto Cachapoal (Bodegas Anakena) in Chile und Martinborough-Neuseeland bei Alistair absolviert. Heute ist er technischer Direktor bei Bodegas Juan Gil und leitet unsere Weinkellereien. Mit großem Talent und Feingefühl für die Natur der Rebe, das Terroir und das, was ein Wein braucht, um Größe zu zeigen, bringt Bartolomé unser Haus voran.

Beim Gedanken an die Zukunft: haben Sie Pläne, die Sie unbedingt umsetzen möchten?

Oh, ich denke immer über neue Projekte nach. Eines unserer Hauptziele ist es, Arbeitsplätze in ländlichen Regionen und einen Mehrwert zu schaffen. Wir konzentrieren uns auf neue Technologie in den Weinkellereien und arbeiten derzeit an einem wichtigen Projekt für eine Solaranlage in Jumilla.

Wann werden Sie so richtig wütend?

Zweifellos, wenn ich einen Weinberg in schlechtem Zustand sehe. Das symbolisiert für mich fehlenden Respekt vor der Natur und dem, was sie uns schenkt.

Gibt es in Ihrem Leben auch Freizeitgenuss? Falls ja, wie sieht dieser aus?

In meiner Freizeit genieße ich zu Hause gerne ein Glas guten Wein und höre Musik.

Gab es in der kürzlichen Vergangenheit eine Frage, die Sie nicht beantworten konnten?

Durchaus. Covid hat unser aller Leben verändert und wir müssen unsere Arbeitsweise anpassen. Wohin uns das führt und welche Herausforderungen die Zukunft noch bereithält, sind Fragen, die ich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht beantworten kann. Aber die Hoffnung verliert niemand von uns!

Besten Dank für Ihre Zeit!

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